Immer wieder kommen Menschen in meine Praxis mit dem Satz „Ich vertrage schon nicht mal mehr gesunde Lebensmitteln“ oder „ich habe dauernd Bauchschmerzen und Blähungen, ich weiß schon nicht mehr was ich essen soll“. Andererseits treffe ich auch immer wieder mal Menschen, die mir erzählen, dass sie ständig Blähungen und Durchfälle haben, das aber nicht so eng sehen. Das ist die Krux mit den Nahrungsunverträglichkeiten. Für die einen ist der Leidensdruck enorm und beeinträchtigt massiv die Lebensqualität, die anderen pupsen halt und denken sich nichts dabei. Nachschauen, was da los ist, sollte man in jedem Fall. Denn auch wenn Nahrungsunverträglichkeiten keine „schlimmen“ Erkrankungen sind, es könnte sich dahinter auch etwas schwerwiegenderes verbergen. Also in jedem Fall mal zum Arzt und das abklären, was dahinter steckt.
Heute möchte ich mich mal dem Thema Obst und Fruktose widmen. Die sogenannte Fruktose-Malabsorption oder auch umgangssprachlich Intoleranz genannt, ist, die der Name schon sagt, eine Resorptionsstörung. Also die Fruktose kann nicht vom Körper aufgenommen werden. Der Körper reagiert mit einer Unverträglichkeit und damit ist das keine echte Nahrungsmittelallergie, die immer eine Hypersensitivitätsreaktion des Körpers ist. Bei einer Allergie bildet der Körper Antikörper gegen eine bestimmte Substanz und stuft diese Substanz damit als höchst gefährlich für den Körper ein. Das haben wir also bei einer Fruktose-Malabsorption nicht.
Die zwei Varianten der Fruktose-Unverträglichkeit
Intestinale Fruktose-Malabsorption
Die Form, die am häufigsten vorkommt und auch erst in späteren Lebensabschnitten entstehen kann, heißt auch Intestinale Fruktose-Malabsorption. Dabei handelt es sich um eine Störung des Transportsystems im Dünndarm. Die Transporter (GLUT5), die den Fruchtzucker aus dem Dünndarm in den Blutkreislauf schleusen, sind entweder zu wenig vorhanden oder die Fruktose kommt in so hoher Menge in den Darm, dass die vorhandenen Transporter nicht ausreichen, die Fruktose aus dem Dünndarm zu schleusen. Damit gelangt diese in den Dickdarm, wo sie von Bakterien abgebaut wird und dort Probleme verursacht. Solche Probleme können verstärkte Blähungen, Völlegefühl, Bauchschmerzen, Bauchkrämpfe, weicher Stuhl, Durchfall, stinkende Blähungen, stinkender Stuhl, aber auch Übelkeit, Hautausschläge, Jucken im Mund, an der Haut und/oder in den Ohren sein. Empfindliche Menschen können auch mit Schwindelgefühlen, Migräne, einem Kreislaufkollaps und Gewichtsverlust reagieren. Meist ist auch Müdigkeit und Erschöpfung mit von der Partie. Wie gesunder Stuhl auszusehen sollte, habe ich in diesem Artikel „Was ist schon normal, wenn es um das tägliche „Hauferl“ geht?“ schon mal erläutert.
Die positive Nachricht, diese Störung ist im Grunde harmlos, die schlechte Nachricht, die Probleme können im Alltag für die Betroffenen massiv belastend sein. Den gleichen Transportweg nutzen übrigens auch Zuckeralkohole (Sorbit, Mannit, Xylit, …), weshalb sie in großen Mengen auch abführend wirken (daher steht das auch auf Kaugummipackungen und auf Light-Produkten drauf). Und wer jetzt vielleicht denkt, Kaugummi ess ich eh kaum, momentan ist grad wieder der Birkenzucker sehr modern. Das ist reines Xylit und kann in großen Mengen verwendet auch bei gesunden Därmen, die sonst nicht überreagieren, ebenfalls zu Verdauungsstörungen führen.
Diese Moleküle, ob Fruktose oder Zuckeralkohole, sind, wenn sie in den Dickdarm gelangen, noch dazu sehr hygroskopisch, d.h. sie lieben Wasser und ziehen Wasser an. Neben den Abbauprodukten, die durch unsere Mitbewohner im Dickdarm entstehen, erhöht diese Eigenschaft auch noch das Darmvolumen und fördert damit weiche Stühle und Durchfälle.
Heriditäre Fruktoseintoleranz
Eine weitere Form der Fruktoseunverträglichkeit ist die Hereditäre Fruktoseintoleranz. Das ist eine sehr selten vorkommende angeborene Stoffwechselerkrankung, bei der ein Enzymmangel vorliegt. Es fehlen die Enzyme, die für den Fruktoseabbau notwendig sind. Das hat Leber- und Nierenschäden zur Folge und wird meist mit Einführung der Beikost im Kleinkindalter festgestellt. Säuglinge, die komplett gestillt werden, sind völlig symptomfrei. Feststellen kann man diese Erkrankung nur durch einen Gentest oder eine Leber- bzw. Dünndarm- oder Nierenbiopsie. Diese Form äußert sich völlig anders. Die Fruktose, die nicht abgebaut werden kann, verdrängt im Blut die Glukose, was in weiterer Folge zu einer Unterzuckerung und zum Koma führen kann. Dieser Enzymmangel ist allerdings wirklich sehr sehr selten und wenn man bis jetzt nur Verdauungsprobleme hatte, ist das sicher nicht der Grund dafür.
Blähungen bzw. Flatulenzen
Unsere Darmbakterien produzieren täglich jede Menge an Gasen, die in der Regel wieder vom Körper aufgenommen werden, in den Blutkreislauf gelangen und dann letztendlich über die Lunge abgeatmet werden. Wenn da aber zu viel an Gasen produziert wird, was der Körper nicht mehr in der Lage ist, zu resorbieren, dann gehen diese Gase als Darmwinde ab. Regional werden diese Flatulenzen mal Furz, mal Pups oder auch Schaas oder Schoaß genannt. Und ich bin der Meinung, auch wenn es sich nicht schickt, lass die Gase raus. Es handelt sich dabei um Methangas, Schwefelwasserstoff, Kohlendioxid oder auch um andere Faul- und Gärgase und die sind echt nicht gut, wenn wir das im Körper behalten. Das Zeug muss einfach raus! Denn wenn diese Darmgase festsitzen, kann das zu massiven Bauchkrämpfen führen. Ja, ich sag es noch einmal, das Zeug hat nichts in unserem Körper verloren und muss raus. Aber wenn Du sowas öfter hast, dann schau mal nach, woran es liegen kann. Eine Möglichkeit, mal genauer hinzuschauen, ist mein Bauchtest, den Du völlig kostenlos und unverbindlich machen kannst.
Wieviel Fruktose verträgt der Mensch?
Die physiologische Grenze bei Gesunden liegt bei 30 bis 50 g Fruktose pro Stunde. Das können gesunde Menschen im Normalfall verwerten, ohne dass es zu Verdauungsstörungen kommt. Das sind z.B. ½ Liter Apfelsaft, 6 Stück getrocknete Feigen oder 100 g Rosinen. Man spricht von einer Malabsorption, wenn weniger als 25 g pro Stunde vertragen werden. Das heißt aber auch, dass selbst Gesunde Verdauungsstörungen bekommen, wenn sie mehr Fruktose zu sich nehmen, als ihre physiologische Grenze es zulässt. Ich zitiere an der Stelle immer gern Theophrastus Paracelsus: „Allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.“
Wie kann die Fruktose-Malabsorption diagnostiziert werden?
Eine Fruktose-Malabsorption kann über einen H2-Atemtest festgestellt werden. Durch den bakteriellen Abbau der Fruktose entsteht im Dickdarm Wasserstoff (H2), der vom Körper resorbiert und über die Lunge abgeatmet wird. Beim Test bekommt man eine Fruktoselösung mit einer definierten Menge an Fruktose. Wenn diese Menge nun nicht im Dünndarm abgebaut werden kann, gelangt sie in den Dickdarm und wird dort wie besprochen von den Bakterien abgebaut. Das dabei entstehende Wasserstoffgas wird dann in der Atemluft gemessen. Es finden 4 Messungen im Abstand von 30 Minuten statt. Diese Tests sind allerdings nicht zu 100 % zuverlässig, denn es gibt immer wieder falsch-positive oder falsch-negative Auswertungen und es gibt auch sogenannte Non-Responder. Das sind Menschen, die einfach nicht so reagieren, wie üblich. Dann kann mit dem Test auch keine Aussage gemacht werden, ob man eine Fruktose-Malabsorption hat, oder nicht.
Eine Aussage über die Toleranzschwelle erhält man mit diesem Test auch nicht. Denn vielfach ist es so, dass bei einer Malabsorption oftmals noch kleine Mengen Fruktose vertragen werden. Wie hoch hier die individuelle Schwelle ist, kann man nur durch Austesten eruieren.
Was kann man tun, bei Verdacht oder festgestellter Fruktose-Malabsorption?
Wenn nun der Verdacht besteht, dass man Fruktose nicht so gut verträgt oder einen positiven H2-Atemtest und starke Durchfälle, Blähungen und/oder einen Blähbauch oder andere der oben genannten Symptome hat, vor allem nach dem Verzehr von Obst, dann hilft es nur herauszufinden, wie hoch die eigene Toleranzschwelle ist.
Folgender Fahrplan ist hier empfehlenswert
- 2 Wochen fruktose- und sorbitarme Ernährung: d.h. meiden von Fruktose, Zuckeralkohole (Sorbit, Mannit, Xylit, …) also auch Birkenzucker. ACHTUNG: nicht länger als 2 Wochen, da sonst der Dünndarm gleich noch weniger der wichtigen Transporter ausbildet!
- Die Fruktose- bzw. Sorbitmenge über den Tag verteilen.
- Unterstützung der Verdauung von Fruktose durch die gleichzeitige Aufnahme von Glukose (Traubenzucker), denn die Glukose nimmt vereinfacht ausgesprochen die Fruktose bis zu einem gewissen Grad huckepack durch ihre eigenen Transporter.
- Unterstützung der Verdauung durch die Kombination von Kohlenhydraten (= Zucker) mit Protein und Fett
- Eventuell zusätzlicher Verzicht auf Kohlgemüse, Hülsenfrüchte und Lauchgemüse (enthalten Mehrfachzucker / Oligosaccharide, die ebenfalls schwer verdaulich sind)
- Nach dieser Entlastungsphase des Körpers langsames Wiedereinführen von Fruktose, um die Toleranzschwelle zu ermitteln. Dabei aber Zuckeralkohole weiter meiden
- Dauerernährung: sollte symptomfrei sein und den Nährstoffbedarf decken, dabei sollten verträgliche Fruktosemengen enthalten sein.
Was muss man also in der strengen Karenzphase (die ersten 2 Wochen) meiden?
- Obst mit mehr Fruktose als Glukose: Apfel, Birne, Mango, Wassermelone, …
- Sorbitreiches Obst: Apfel, Birne, Pflaume, Pfirsich, …
- Fruchtsäfte, Smoothies
- Trockenfrüchte
- Honig, Marmelade, Kompott
- Eventuell Kohl-, Hülsenfrüchte, Lauch (enthalten Mehrfachzucker/Oligosaccharide)
Was darf man auch in der strengen Karenzphase essen?
- Obst mit mehr Glukose als Fruktose: einige Beerenfrüchte, Zitrusfrüchte, Banane, …
- Sorbitarmes Obst: einige Beerenfrüchte …
- Passagezeit verlängern, durch Kombination mit Eiweiß und Fett, also Kohlenhydrate nicht alleine essen, sondern immer in Kombination
- Stückiges statt Püriertes
Stolperfallen bei Fruktose-Malabsorption
- Fruktose wird häufig übersehen, ein Stück Obst zwischendurch ist schnell gegessen und gilt ja als gesund, ist in diesem Fall aber kontraproduktiv
- Smoothies, Saft, gespritzte Säfte gehen viel schneller durch den Magen und belasten den Dünndarm, so dass man selbst bei kleineren Mengen Fruktose, weil sie so schnell und auf einmal den Dünndarm passieren, mit Verdauungsstörungen reagiert. Die gleiche Menge Obst im Ganzen bzw. Fruktose ist oftmals verträglich.
- Fruktosezusätze in Fertigprodukten, Getränken, Joghurt, Light- und „zuckerfreien“ Produkten
- Prebiotika mit Inulin
- Andere Unverträglichkeiten, oder die Verdauungsstörungen könnte auch eine andere Ursache haben, z.B. Reizdarm oder SIBO (Dünndarmfehlbesiedelung)
Fruktose- Glukose-Gehaltstabellen
Im Netz kursieren jede Menge an Tabellen, die den Gehalt von Fruktose und Glukose und teilweise auch den Sorbit-Gehalt darstellen. Oftmals wird auch das Verhältnis von Glukose und Fruktose angegeben. Hier ist unbedingt darauf zu achten, in welche Richtung dieses Verhältnis gerechnet ist. Viele Tabellen sind so zu lesen, dass alles was 1 und mehr als 1 ergibt positiv ist, weil der Glukose-Gehalt überwiegt. Es gibt aber auch Tabellen im Netz, die genau anders herum gerechnet sind. Das sollte angegeben sein. Außerdem solltest Du darauf achten, ob es eine seriöse Quellenangabe gibt und wo die Daten herkommen.
Meine Tabellen zeigen das Verhältnis so an, dass alles was 1 und höher ist einen höheren Glukose-Gehalt aufweist und diese Lebensmittel daher auch während der strengen Karenzphase erlaubt sind. Außerdem sind diese Lebensmittel auch noch grün hinterlegt. Wenn die Sorbit-Gehalte zu hoch sind, fallen diese Lebensmittel ebenfalls raus, auch wenn das Fruktose-Glukose-Verhältnis passen würde.
Was sagt die TCM zu Nahrungsmittelinteroleranzen?
Die Traditionelle Chinesische Medizin hat immer die Mitte mit ihrer Verdauungskraft und die 5 Wandlungsphasen Feuer, Erde, Metall, Wasser und Holz im Blick. Bei Nahrungsunverträglichkeiten ist daher immer der erste Gedanke bei der Mitte, also beim Organsystem der Milz. Hier kann es sich um einen Qi-Mangel, einen Yin- oder auch um einen Yang-Mangel handeln. Aber auch die Leber kann bei Nahrungsunverträglichkeiten massgeblich beteiligt sein. Wenn das Holz-Element unentspannt ist, kann es schon mal die Mitte attackieren und damit Beschwerden im Bauch auslösen. Eine Stagnation des Qi in der Leber ist ebenso oft die Ursache für Verdauungsstörungen. Daneben können natürlich Hitze und Nässe, aber auch Kälte und Nässe im Dickdarm direkt für die Probleme verantwortlich sein. Die TCM schaut aber auch, ob vielleicht äußere oder innere pathogene Faktoren die Lage beeinflussen, vielleicht sogar verschlimmern. Man glaubt gar nicht, wie stark Trauer und Sorge, Wut und Stress aber auch Verliebtheit oder Beziehungsprobleme den Körper und seine Funktionen beeinflussen können. Die Funktionskreise Lunge und Herz können ebenfalls massgebliche Einflussfaktoren sein. Daher ist es auch aus Sicht der TCM unglaublich wichtig eine genaue Differenzialdiagnostik vorzunehmen, um die richtige Strategie für die individuellen Empfehlungen zu finden.
Conclusio
Wenn Du das Gefühl hast, die Fruktose könne Schuld an Deinen Störungen sein, dann gehe zu einem Spezialisten, der sowohl in der westlichen Welt bewandert ist, als auch in der östlichen. Denn Körper – Geist – Seele lässt sich aus meiner Erfahrung nicht trennen und ich habe mit der Kombination gerade bei Nahrungsmittelintoleranzen die beste Erfahrung gemacht.
Wie gehts Dir mit der Fruktose? Hast Du einen Verdacht, dass diese die Ursache für Deine Probleme mit der Verdauung sein könnte?
Wenn Du Fragen dazu hast, freue ich mich darüber in den Kommentaren.