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Es distelt im Juni … oder, die Artischocke

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„Diese Distel, lass sie gelten, ich vermag sie nicht zu schelten – die, was uns am besten schmeckt, in dem Busen tief versteckt.“

So hat Goethe im 19. Jahrhundert über die Artischocke geschrieben.

Das Gemüse galt in mitteleuropäischen Fürstenhäusern im 15. Jh. als ein Zeichen für eine gehobene Lebensart und als Sinnbild für Reichtum. Man schrieb der Artischocke eine aphrodisierende Wirkung zu, weshalb sie für die Töchter des Hauses verboten waren. Außerdem war man der Ansicht, dass jene Eheleute, welche sie „fleißig verwendeten“, in der Lage waren Knaben zu zeugen. Wie man sieht, rankten sich jede Menge Legenden und Geschichten um die Blütenköpfe dieser nordafrikanischen Distelart.

Botanisch gesehen

Artischocke mit lila Röhrenblüten

Artischocke mit violetten Röhrenblüten
Foto: pixabay.com

Die Artischocke [Cynara cardunculus, Syn. Cynara scolymus] gehört zur Familie der Korbblütler [Asteraceae]. Sie ist auch unter den Namen Kugelartischocke, Erddorn, Erdschocken und Erddistel bekannt. Sie ist eine mehrjährige Pflanze, wird jedoch in der Kulturform meist zweijährig angebaut. Sie kann bis zu zwei Meter hoch wachsen, bei uns werden allerdings eher niedrigere Zuchtformen angebaut. Die Erntezeit ist Juni bis September, manchmal bekommt man sie aber auch noch im Oktober. Geerntet werden die körbchenförmigen Blütenstände. Bei den kultivierten Arten sind die Blütenstände größer, die Hüllblätter kaum dornig, unten sehr fleischig und der Blütenstandboden wesentlich fleischiger als bei wildwachsenden Formen. Artischocken bilden violette Röhrenblüten aus.

Die inneren Werte

Artischocken sind reich an Bitterstoffen (Sesquiterpenlactone), Schleimstoffen, Gerbstoffen, Flavonoiden und enthalten Cynarin, ebenfalls ein Bitterstoff, der den Stoffwechsel von Leber und Gallenblase anregt. Außerdem sind sie reich an Carotin, Folsäure, Vitamin C und E und Inulin. Artischocken haben daher eine appetitanregende, magenstärkende und verdauungsfördernde Wirkung. Neben Leber und Gallenblase regen sie auch die Enzymproduktion in der Bauchspeicheldrüse an. Einen besonderen Effekt sollen Artischocken auf den Cholesterinstoffwechsel haben. Der regelmäßige Genuss dieses Gemüses soll die Cholesterinausscheidung fördern und auch die Neubildung von Cholesterin in den Leberzellen vermindern. Dadurch kann eine Senkung der Blutfettwerte angenommen und eine präventive Anwendung gegen Arteriosklerose und Hypercholesterinämie angenommen werden. Neben der positiven Wirkung auf den Fettstoffwechsel hat die Artischocke auch eine positive Wirkung auf den Blutzuckerspiegel, was auf den hohen Inulingehalt zurückzuführen ist. Durch ihre Inhaltsstoffe wirkt sie außerdem antioxidativ, leberschützend, leberstärkend und entgiftend. Vorsicht ist geboten bei einer Allergie gegen Korbblütler.

Was sagt die TCM dazu?

In der Traditionellen Chinesischen Medizin wird die Artischocke aufgrund des bitteren Geschmacks dem Feuerelement zugeordnet und ist thermisch kühl. Sie hat einen Organbezug zu Leber, Gallenblase, Blase und Magen. Sie ist in der Lage Hitze zu eliminieren, Toxine auszuleiten und Nässe zu trocknen. Sie fördert die Diurese und tonisiert vor allem das Leber-Yin. In der TCM wird sie vor allem beim Bi-Syndrom eingesetzt, d.h. bei vielen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises. Sie kann also bei Gicht, Arthritis und Gelenksentzündungen eingesetzt werden. Auch die chinesische Medizin kennt den Einsatz bei erhöhten Blutfettwerten, Problemen mit der Gallenblase und erhöhten Blutzuckerwerten. Weiters reguliert die Artischocke Qi-Stagnationen in Leber und Magen und wirkt positiv bei Verdauungsblockaden, Übelkeit und Blähungen.

Verwendung

Salat mit Artischockenherzen

Salat mit Artischockenherzen
Foto: pixabay.com

In der Küche ist die frische Artischocke oft nur in der gehobeneren Gastronomie zu finden, da die Zubereitung so manchen abschreckt. Das typische Artischockenessen, man zupft die Blätter von der gekochten bzw. gegarten Artischocke, taucht sie in eine Sauce und lutscht das untere fleischige Ende ab, klingt nicht unbedingt nach einem satt machenden Essen. Die Zubereitung bis dahin wird in den meisten Kochbüchern als sehr aufwendig beschrieben. Da stellt sich natürlich die Frage, ob sich der ganze Aufwand für ein bisschen „abzuzeln“ von ein paar Blättern überhaupt lohnt? Für so ein typisches Artischockenessen werden große, bis zu 500 g schwere Artischocken verwendet. Dabei ist die Zubereitung gar nicht so aufwendig. Die heute erhältlichen Kulturformen haben kaum dornige Blätter, daher ist ein Schälen der äußeren Blätter oft nicht notwendig. Essbar sind die unteren fleischigen Teile der Blütenblätter und der fleischige Blütenstandboden. Das auf dem Boden befindliche Heu ist nicht genießbar. Wenn man allerdings etwas kleinere, jüngere Artischocken bekommt, so können diese im Ganzen gebraten, gegart oder auch frittiert werden. Als kulinarische Delikatesse gelten die Artischockenherzen. Diese werden auch als Konserve eingelegt angeboten und finden sich oftmals in italienischen Antipasti wieder. Artischocken welken sehr schnell und sollten möglichst frisch verbraucht werden. Die Schnittflächen können mit Zitronen eingerieben werden, da diese an der Luft schnell braun werden.

Neben der Verwendung als Gemüse werden Artischockenblätter als Tee verwendet. Auch das Kochwasser kann als solcher getrunken werden. In der Pharmazie kommen außerdem die Blätter der Pflanze und auch die Wurzel zum Einsatz. Passend zur Urlaubszeit noch ein Tipp zum Abschluss: Wer südliche Länder wie Spanien und Italien bereist sollte einmal Ausschau halten nach Likörweinen und Magenbittern mit den Namen Cynara.

Hier gehts zu einem Artischocken-Risotto. Viel Spaß beim Ausprobieren.

Literaturnachweis

BLARER ZALOKAR, U., FENDRICH, B., HAAS, K., KAMB., P., RÜEGG, E. (2009), Praxisbuch Nahrungsmittel und Chinesische Medizin, Schiedlberg, Bacopa Verlag.
HIRSCH, S., GRÜNBERGER, F. (2012), Die Kräuter in meinem Garten, Linz, Freya Verlag.
Wie man eine Artischocke erobert, Zugriff 10.04.2015
Artischocken gegen Verdauungsbeschwerden, Zugriff 10.04.2015
Warenkunde Artischocken, Zugriff 10.04.2015


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